Interkommunale Fördergesellschaft GEMO gegründet

05.12.2023 | Projekte | Rachel McRae

Am 28. November haben die Gemeinden Grasbrunn, Haar, Vaterstetten und Zorneding die Gründungsurkunde für die interkommunale Fördergesellschaft „GeoEnergieMünchenOst“ (GEMO) unterzeichnet. Die geplante Geothermieanlage soll bereits in drei Jahren in Betrieb gehen.

Am Nachmittag des 28. Novembers haben die Bürgermeister der Gemeinden Grasbrunn, Haar, Vaterstetten und Zorneding im Rathaus Vaterstetten den Vertrag für ein gemeinsames Geothermieprojekt unterschrieben. Die dafür gegründete Fördergesellschaft „GeoEnergieMünchenOst“ (GEMO) soll das geplante Geothermiekraftwerk zwischen Weißenfeld und Ottendichl künftig als eigenständiges Unternehmen aufbauen und betreiben. Im Vorfeld der Gesellschaftsgründung hatten die vier Gemeinderäte teils einstimmig über das Vorhaben entschieden. Grundlage der Beschlüsse waren vorausgehende Machbarkeitsstudien für die geothermischen Bohrungen sowie Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen des neu gegründeten Unternehmens und der entstehenden Wärmenetze.

Nach Angaben der kommunalen Vertreter könne im Frühjahr 2024 mit den Vorbereitungen des Bohrplatzes begonnen und Anfang 2025 die erste Bohrung niedergebracht werden. Bereits 2026 soll dann die Inbetriebnahme der geothermischen Anlage erfolgen und die Wärmenetze der Gemeinden speisen, so der Plan.

Wirtschaftlichkeit durch Zusammenschluss deutlich verbessert

Die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens sei bereits eingehend geprüft und zu einem positiven Ergebnis gekommen, so Leonhard Spitzauer, Bürgermeister von Vaterstetten. Dennoch stellen der Anlagenbau und Ausbau der Wärmenetze eine enorme finanzielle Herausforderung für die Haushalte der Gemeinden dar.

Die Gesellschaftsanteile sind unterschiedlich verteilt: So übernimmt Vaterstetten mit 45 Prozent den größten Anteil. Grasbrunn folgt mit 25, Haar mit 20 und letztlich Zorneding mit zehn Prozent. Folglich steigen die Gemeinden auch mit unterschiedlichen Startkapitalen ein. Dabei liegt das Startkapital für Vaterstetten bei 225 000 Euro, für Grasbrunn bei 125 000 Euro, für Haar bei 100 000 Euro und für Zorneding bei 50 000 Euro. „Es ist natürlich nicht so, dass man dafür ein Geothermieprojekt bekommt“, erklärt Klaus Korneder, Bürgermeister von Grasbrunn. Allein die Kosten für die Erschließung, das heißt ohne Berücksichtigung der Errichtung und des Ausbaus der Wärmenetze, belaufen sich nach jetzigem Stand auf rund 50 Millionen Euro.

Die gewerbliche Aufsuchungserlaubnis wurde Anfang Oktober durch das Bayerische Wirtschaftsministerium erteilt. Diese dient als Grundlage für die Antragstellung beim Bundesamt für Ausfuhrkontrolle (BAfA) für das Programm „Bundeförderung für effiziente Wärmenetze“ (BEW). Hierbei erhoffen sich die beteiligten Gemeinden eine Förderung von 40 Prozent der Gesamtprojektkosten. „Ohne diese ist das Projekt nur schwer umsetzbar […]. Nach der Zusage der Förderung und der Erteilung der erforderlichen Genehmigungen können Förder- und Re-Injektionsbohrung niedergebracht werden“, heißt es aus dem Rathaus Vaterstetten.    

Trotz der hohen Kosten stehen die Bürgermeister der vier Gemeinden hinter dem Projekt. Laut Piet Mayr, Bürgermeister von Zorneding, gehe es schließlich um die Energieversorgung der nächsten 50 oder 100 Jahre. Gleichzeitig wolle man langfristig von Öl und Gas unabhängig werden und den „Energiepreis erträglich machen“, ergänzen Andreas Bukowski, Bürgermeister von Haar und Klaus Korneder. Nach Angaben von Markus Porombka, Leiter der Finanzverwaltung von Vaterstetten und Tobias Aschwer, Umweltamtsleiter und einer der beiden Geschäftsführer der Gesellschaft, könne innerhalb eines Jahrzehnts schwarze Zahlen geschrieben werden. Die Bohrung könne sich in 30 bis 35 Jahren amortisieren.

Der Zusammenschluss der Gemeinden habe die Wirtschaftlichkeit des Projekts deutlich verbessert. „Wir hatten im Gemeinderat zwar schon bekundet, den Weg notfalls auch alleine zu gehen, aber am Ende standen aufgrund des Potentials der anderen Kommunen und der damit verbundenen Teilung von Risiken und Kapitalaufwand viele Argumente, das Projekt auf mehrere Säulen zu gründen“, so Bürgermeister Leonhard Spitzauer.

Für das Vorhaben hat Vaterstetten ein etwa 15.000 Quadratmeter großes Grundstück erworben, welches sich in der Nähe der Rastanlage Vaterstetten Ost an der A99, zwischen Vaterstetten und Weißenfeld befindet. Im weiteren Projektverlauf wird das Grundstück an die Bohrgesellschaft der Gemeinde Vaterstetten verpachtet.

Unterschiedliche Voraussetzungen für Wärmeversorgung in den Gemeinden

In den Gemeinden sind unterschiedliche Voraussetzungen für die Wärmeversorgung gegeben. Vaterstetten verfügt im Westen bereits über das wachsende Nahwärmenetz der Gemeindewerke. Obwohl die Gemeindewerke auch in Grasbrunn vertreten sind, sind diese bisher nicht im Wärmegeschäft aktiv, weshalb hier zunächst ein Netz aufgebaut werden müsste. Hingegen besitzt Haar zwei Wärmenetze, welche jedoch in privater Hand sind. Laut des Bürgermeisters von Haar, plane man in Zusammenarbeit mit der Gemeinde eine Netzgesellschaft aufzubauen.

Zorneding verfügt weder über Gemeindewerke noch über ein Nahwärmenetz. Aktuell werde ermittelt, wie ein solches wirtschaftlich umgesetzt werden könne.

Gewissheit ermöglicht erst die Bohrung

Angesichts der hohen Investitionskosten, stellt die Fündigkeit ein erhebliches Risiko im Projekt dar. Allerdings könne erst eine Bohrung Gewissheit über das Vorhandensein von heißem Tiefenwasser geben. Die vorgesehenen Bohrkosten belaufen sich schätzungsweise auf rund 15 Millionen Euro. Eine Versicherung gebe es hierfür nicht. Jedoch würden die 40 Prozent Fördergeld den Gemeinden auch im Falle eines Misserfolgs zustehen.

Bereits 2013 scheiterte ein geplantes Geothermieprojekt von Vaterstetten, Grasbrunn und Zorneding an der Versicherbarkeit. Allerdings verfüge man laut Korneder mittlerweile über weitaus mehr Erfahrungen mit Erdwärmebohrungen und könne das Risiko besser einschätzen.

Tatsächlich seien die Gegebenheiten im Projektgebiet mit einer Wassertemperatur von 95 Grad Celsius, einer Fördermenge von rund 114 Litern pro Sekunde und einer thermischen Leistung von 21 Megawatt sehr gut. Das hat ein Gutachten ergeben, welches im September dem Gemeinderat Vaterstetten vorgelegt wurde.

Netzausbau verläuft parallel zur geothermischen Erschließung

Aktuell plane man für die Herstellung der Bohrung sechs bis acht Monate. Voraussichtlich Ende 2025 könnten dann erste Pumpversuche durchgeführt und mit dem Bau der geothermischen Anlage begonnen werden.

„Der Ausbau des Vaterstettener Wärmenetzes verläuft in der Zeit parallel zur geothermischen Erschließung, da die beiden Vorhaben stark voneinander abhängen. Die Verbindung zwischen dem Bohrplatz und dem jetzigen Heizwerk im Hans-Luft-Weg soll mit Erschließung des Bohrplatzes gebaut werden, um die geförderte Wärme aus der Tiefe schnellstmöglich an die Kunden zu bringen“, so das Rathaus Vaterstetten.

Im Sinne des Netzausbaus könne in Grasbrunn und Haar auf bereits bestehende Infrastrukturen unterschiedlicher Betreiber zurückgegriffen werden. Für die Wärmeversorgung von Grasbrunn und Zorneding plane das Vaterstettener Gemeindewerk Verbindungsleitungen zu bauen. Hingegen könne die Gemeinde Haar ihre Wärme über eine eigene Leitung am Bohrplatz beziehen und hierfür eine Verbindung unterhalb der A99 bauen. Da die Planungen für ein gemeindliches Wärmenetz in Zorneding noch nicht abgeschlossen sind, werde dort vorerst nur mittelfristig Wärme abgenommen werden.