Neue BDEW-Studie zu grüner Fernwärme

15.04.2021 | Forschung, Publikationen | Karin Jehle
Grüne Fernwärme

Eine neue Studie des BDEW analysiert Maßnahmen und Herausforderungen auf dem Weg zu einer klimaneutralen Wärmeversorgung. Klar ist, dass die Klimaziele im Wärme- und Gebäudesektor nur mithilfe eines Aus- und Umbaus der Fernwärmenetze erreichbar sind.

Die Bedeutung von grüner Fernwärme für die klimaneutrale Wärmeversorgung in urbanen Ballungsräumen wird bis zum Jahr 2050 stark wachsen. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Hamburg Instituts (HI) und der Forschungsgesellschaft für Energiewirtschaft in München (FfE) im Auftrag des BDEW (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft).

In einer Pressemitteilung skizziert der BDEW die Ergebnisse. Demnach sind die Klimaziele im Wärme- und Gebäudesektor nur mithilfe eines Aus- und Umbaus der Fernwärmenetze auf Basis zunehmender Anteile von klimaneutraler Wärme aus Großwärmepumpen, Abwärme, Power-to-Heat (PtH), Solarthermie und Geothermie erreichbar.

In der Studie wurde analysiert, welche Maßnahmen notwendig sind, um den für das Erreichen der Klimaziele 2050 benötigten Anteil von grüner Fernwärme zu realisieren. Im Mittelpunkt steht dabei die Transformation der Fernwärme-Versorgungstruktur durch die Einbindung von klimaneutraler Wärme, die Absenkung der Netztemperaturen und die Integration von Wärmespeichern.

Verlässliche Rahmenbedingungen und stabile Finanzierung gefordert

„Der Aus- und Umbau der Fernwärme hin zur Nutzung Erneuerbarer Energien erfordert verlässliche rechtliche Rahmenbedingungen und ein stabiles Finanzierungsinstrumentarium“, sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung. „Die ‚Bundesförderung effiziente Wärmenetze‘ bildet das Kernstück dieses Wandlungsprozesses und muss die Förderung aller relevanten Dekarbonisierungsoptionen sowie der Netztransformationsmaßnahmen beinhalten.“

Hierfür ist aus Sicht des BDEW eine ausreichende und verlässliche Finanzierung der „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ (BEW) im Umfang von mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr bis zum Jahr 2030 notwendig. „Die BEW muss nun endlich für die investitionswilligen Fernwärmeunternehmen nutzbar werden, nachdem das Förderprogramm bereits im Mai 2017 angekündigt worden war“, fordert Andreae.

Paket verschiedener Gesetzesanpassungen empfohlen

Die Studie empfiehlt zudem eine Anpassung der Wärmelieferverordnung, die in ihrer bisherigen Form den Umstieg von fossil befeuerten Heizkesseln auf grüne Fernwärme in Bestandsgebäuden verhindert. Die Verordnung sollte stattdessen zukünftige Entwicklungen mit der CO2-Bepreisung in den Blick nehmen.

Außerdem sei das Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) dahingehend zu ändern, dass die Benachteiligung von Wärme aus kleineren KWK-Anlagen außerhalb des Europäischen Emissionshandels gegenüber anderen Heiztechnologien aufgehoben wird.

Förderinstrumente verbessern

Weitere wichtige Forderungen der BDEW-Studie sind die Verbesserung der Förderbedingungen sowie der Absicherungsmechanismen für Tiefengeothermie- und Abwärmeprojekte sowie die Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Paketes in der „Bundesförderung effiziente Gebäude“ (BEG) hinsichtlich eines Transformationsplans der Fernwärmeversorger bis 2030.

Auch die Etablierung einer praxisgerechten Wärmeplanung auf Bundes- und lokaler Ebene gewinne zunehmend an Bedeutung, damit der Aus- und Umbau der Wärmeversorgung mit einem hohen Maß an Planung, Absprache und Verlässlichkeit für die nötigen Investitionen tatsächlich erfolgt.

Geothermie: Hemmnisse analysieren und Lösungswege aufzeigen

Im Teil „Technologiespezifische Hemmnisse und Instrumente“ widmet sich die Studie den spezifischen wirtschaftlichen, organisatorischen, technischen, informatorischen und gesellschaftlichen Hemmnissen, die mit jeder einzelnen Technologie verbunden sind, und zeigt Lösungswege auf.

Für die Tiefengeothermie fordern die Autor*innen der Studie eine deutlich attraktiver gestaltete Förderkulisse, um vor allem die hohen und risikobehafteten Anfangsinvestitionen bewältigen zu können.

So fördert beispielsweise das KfW-Programm 272 maximal vier Tiefenbohrungen je Projekt und schließt Erkundungsbohrungen von der Förderung aus. Zudem ist der Förderhöchstbetrag des Programms mit insgesamt zehn Millionen Euro zu gering, so dass in realen Projekten (mit Mehrfach-Dubletten) nur etwa zehn Prozent der gesamten Investitionskosten gefördert werden. Die Autor*innen empfehlen, den Förderhöchstbetrag auf 30 Millionen Euro anzuheben und bei zukünftigen Förderprogrammen wie dem BEW Geothermieprojekte mit 40 Prozent der gesamten anfänglichen Investitionen zu fördern.

Des Weiteren schlagen sie als Lösungsmöglichkeit für das bislang nicht auf dem Markt versicherbare Fündigkeitsrisiko vor, dieses über staatliche Fonds abzusichern oder staatlich finanzierte Bohrkampagnen durchzuführen. Aus späteren Erlösen könnten diese Kosten refinanziert werden.

Um die Datenlage für die Planung tiefengeothermischer Anlagen zu verbessern und Gewissheit über die tatsächlich nutzbaren geothermischen Ressourcen herzustellen, empfehlen die Autor*innen den bisher nicht flächendeckenden Zugang zu existierenden Explorations- und Bohrdaten aus der Kohlenwasserstoffindustrie zu verbessern. In der Praxis sei eine projektabhängige Zusammenarbeit mit Verbänden und Expert*innen aus der Erdölindustrie zwar bereits Realität. Dennoch könne die gesammelte Auswertung und Veröffentlichung alter Bohrdaten dazu beitragen, Potenzialgebiete z.B. für Geothermie oder Aquiferwärmespeicher zu identifizieren.

Die Studie „Grüne Fernwärme für Deutschland – Potenziale, Kosten, Umsetzung“ finden Sie hier.

Quelle:

BDEW