Tiefe Geothermie rückt in den Fokus der Energiegewinnung

26.08.2022 | Finanzierung | Jochen Schneider
Dr. Torsten Rosenboom

Ende letzter Woche wurde die lang erwartete Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) im Bundesanzeiger veröffentlicht. Ab dem 15. September ist es möglich, Anträge für eine Förderung zu stellen. Das Informationsportal Tiefe Geothermie sprach mit einem der führenden Anwälte in Deutschland für die Begleitung von Investorenbeteiligungen und Unternehmensübernahmen, Dr. Torsten Rosenboom von Hogan Lovells.

Herr Rosenboom, die BEW wurde jetzt veröffentlicht. Was ändert sich für Tiefengeothermieprojekte?

Mit der BEW treibt die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energiequellen und die Nutzung von Abwärme weiter voran. Sie erkennt dabei das Potential der Geothermie und rückt insbesondere tiefe Geothermieprojekte zunehmend in den Fokus der Energiegewinnung. Die von der BEW vorgesehenen Förderungen unterstützen u. a. Energieversorgungsunternehmen und kommunale Einrichtungen bei der Errichtung und dem Betrieb tiefer Geothermiekraftwerke sowie dem Ausbau der Wärmenetze. Die Investitionszuschüsse setzen bei Machbarkeitsstudien an und werden die Projekte bis zu ihrer Realisierung begleiten. Tiefe Geothermie soll sich damit als zukunftsfähige und effiziente Form der Energiegewinnung neben den bereits bundesweit eingesetzten erneuerbaren Energien etablieren.

Die BEW ersetzt das Förderprogramm Fernwärmenetze 4.0. Wie ist der Übergang gestaltet?

Mit Inkrafttreten der BEW wird die Förderbekanntmachung zu den Modellvorhaben Wärmenetzsysteme 4.0 (WNS 4.0) aufgehoben. Anträge für WNS 4.0 können noch bis zum 14. September 2022 gestellt werden und gelten grundsätzlich fort. Die BEW tritt am Folgetag in Kraft, sodass Förderungen daraus ab dem 15. September 2022 beantragt werden können. Unter bestimmten Voraussetzungen können Anträge, die im Rahmen von WNS 4.0 gestellt wurden, in das Förderprogramm der BEW überführt werden. Hierbei ist insbesondere zu beachten, dass der Wechsel grundsätzlich nur innerhalb von sechs Monaten seit Inkrafttreten der BEW möglich sein wird, der vorhandene Zuwendungsbescheid den Bewilligungszeitraum nach dem 15. September 2021 betreffen muss und noch keine Auszahlung nach WNS 4.0 erfolgt sein darf.

Wird die BEW die Umsetzung von tiefen Geothermieprojekten beschleunigen?

Ein zunehmendes Interesse an dem Thema stellen wir schon seit einigen Monaten fest. Nicht nur bekannte, sondern auch möglicherweise neue Marktteilnehmer fangen an, sich für die tiefe Geothermie zu interessieren. Die BEW dürfte diesen Trend noch verstärken, denn sie enthält eine Förderung. Die zusätzliche Förderung führt aber nicht per se auch zu einer Beschleunigung in der Umsetzung der Projekte.

 Was denken Sie, wie Investoren die BEW bewerten?

Aus Sicht von Investoren wird durch die neue Förderung die Investition in die tiefe Geothermie noch attraktiver. Bisher haben Investoren die mit den Bohrungen einhergehenden Risiken und Kosten angesichts der mäßigen Ertragslage sehr häufig gemieden. Dementsprechend finden Sie auch nur vergleichsweise wenige Investoren, die im Bereich der Entwicklung von Projekten der tiefen Geothermie bereits vor der ersten Bohrung einsteigen. Die neue Förderung macht Case Investitions in tiefe Geothermie nun deutlich attraktiver, sodass wir davon ausgehen, dass mehr Investoren sich damit beschäftigen werden.

 Sehen Sie weitere flankierende Maßnahmen, die notwendig sind?

Wie bereits oben erwähnt, führt die Förderung alleine noch nicht dazu, dass die Projekte auch schneller entwickelt werden können. Aus meiner Erfahrung wäre es sehr hilfreich, wenn die Genehmigungsprozesse beschleunigt und dafür insbesondere auch die zuständigen Ämter mit dem dafür notwendigen Personal ausgestattet würden. Darüber hinaus fehlt aus Sicht der tiefen Geothermie im Förderprogramm der Bundesregierung noch eine Lösung für das Risiko, dass die Bohrung nicht fündig ist. Das verhindert derzeit noch sehr häufig die Umsetzung von Projekten im Bereich der Tiefengeothermie.

Quelle:

Enerchange