Unterirdisches Felslabor zur Erforschung der Geothermie

23.04.2019 | Elke Zimmermann

Im Tessiner Bedrettotal wird die Geothermie in 1.500 Metern Tiefe erforscht.

Das „Bedretto-Fenster“, ein 5,2 Kilometer langer Seitenstollen der ursprünglich für den Bau des Furkabasistunnels angelegt wurde soll als unterirdisches Felslabor dienen. Seit seiner Stillegung 1982 wurde lange darüber gerätselt wie der Stollen weiter genutzt werden soll.

Nun steht schweres Gerät vor dem Tunneleingang der durch das dichte Gebüsch kaum noch zu erkennen war. Die ETH Zürich baut im Rahmen des „Bedretto Ungerground Laboratory for Geoenergies“ (Bulg) Projekt ein Felslabor im Inneren des Stollens auf.

Das Zentrum des Labors

Geht man 2,2 Kilometern entlang des Stollen erreicht man eine Felskaverne, die einst für die Stollenbahn als Ausweichstelle diente. Hier wird das Herz des Labors installiert. Mit den Versuchen wollen die Forscher herausfinden, wie das Gestein durchlässig gemacht werden kann um ihm auf lange Sicht Wärme entziehen und diese nutzbar machen zu können. „Unsere Bohrungen sind wie feine Nadelstiche ins Gestein“, wird der Geophysiker und wissenschaftliche Leiter des Bedretto-Labors Marian Hertrich im Schweizerischen Tagblatt zitiert. Um die induzierte Seismizitiät besser verstehen zu können, sollen kontrollierte Experimente und Verfahren durchgeführt werden.

Der Ort sei ideal für die Forschung, da die Felsüberlagerung im Zentrum bis zu 1.500 Meter betrage und es somit nur geringe Fremdeinwirkung im Vergleich zu früheren Projekten gibt, so Hertrich weiter.

Langfristiges Ziel des Projektes ist eine industrielle und kommerzielle Nutzung der Erdwärme. Heißes Wasser mit Temperaturen über 100 Grad Celsius soll genutzt werden um Turbinen anzutreiben, die elektrische Energie erzeugen.

Hohe Erwartungen

Das Projekt ist mit hohen Erwartungen verbunden. Von Seiten des Schweizerischen Bundesamt für Energie (BFE) heißt es „Experten rechnen bis 2030 mit rund einem Dutzend Anlagen, welche insgesamt 800 Gigawattstunden elektrische Energie produzieren“, so das Schweizerische Tagblatt. Zudem sei es denkbar, dass geothermische Kraftwerke einen wesentlichen Anteil des regionalen Stromkonsums decken könnten. Dies ist ganz im Sinne der schweizerischen Energiestrategie 2050, die verstärkt auf den Ausbau von Erneuerbaren Energien setzt.

Hierbei handelt es sich um ein ambitioniertes Ziel. Bislang wird in der Schweiz kein Strom aus geothermischer Energie produziert und die Bevölkerung steht nach den Vorkommnissen in Basel (2004) und St. Gallen (2013) der Geothermie skeptisch gegenüber.

Bedeutung des Projekts 

Deshalb kommt dem Forschungsprojekt im Tessiner Bedrettotal eine umso größere Bedeutung zu. Auf dem Geothermieforum 2018 in Zürich wurde das Projekt mit „Die Bedretto-Arbeiten werden einen wesentlichen Meilenstein bilden bei der Entwicklung von Geothermiesystemen, bei denen Erschütterungen auf ein nichtstörendes Maß minimiert werden können“ kommentiert.

Auf Nachfrage des Schweizerischen Tagblatt ergänzte die Präsidentin der Geothermie Schweiz, Nathalie Andenmatten „Ich bin überzeugt, dass die Untersuchungen und Ergebnisse aus dem Bedretto-Labor die Tiefengeothermie zur Stromproduktion in der Schweiz voranbringen wird. Die Ergebnisse werden auch international Maßstäbe setzen.“ Bei der Nutzung der Geothermie aus Tiefen bis zu drei Kilometern erwartet Andenmatten in den nächsten Jahren einen Boom. Bei der Nutzung von Erdwärme aus Tiefen bis zu fünf Kilometern steht man noch ganz am Anfang, so Andenmatten weiter.

Quelle:

Tagblatt.ch

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