In der Tradition der Bergleute hat am 5. Juli 2023 die sogenannte Meißelweihe am Bohrplatz in Geretsried stattgefunden, wie die Eavor Erdwärme Geretsried GmbH in einer Pressemitteilung berichtet. Der katholische und der evangelische Gemeindepfarrer begingen gemeinsam mit dem Bohr-Team diese feierliche Zeremonie.
Zum Einsatz kommen in Geretsried zwei der größten Bohranlagen Europas. Mit ihnen wird parallel in einer Tiefe von 4.500 Metern ein unterirdischer Wärmetauscher in der von Eavor entwickelten Loop-Technologie errichtet, der ohne hydrothermale Vorkommen regelbare Energie für die kommunale Wärme- und Stromversorgung liefert.
Insgesamt bohrt Eavor vier Loops in der Tiefe. Zusammen sollen sie ca. 64 MW thermische Leistung bzw. 8,2 MW elektrische Leistung erzeugen und so ca. 44.000 t CO2-Äquivalente pro Jahr einsparen. Läuft alles plangemäß, soll bereits im Sommer 2024 einer der vier Loops erstmals elektrische Energie liefern. Die Fertigstellung der gesamten Anlage ist für 2027 anvisiert. Dann kann der Eavor-Loop™ Geretsried die ganze Region mit Fernwärme versorgen.
Nach Pilotprojekt in Kanada das erste kommerzielle Eavor-Projekt weltweit
Daniel Mölk, Geschäftsführer Eavor Erdwärme Geretsried GmbH und Executive Vice President Europe Operations der Eavor Technologies Inc., sagt: „Mit einer Pilotinstallation in Kanada und Tiefenbohrungen in New Mexico haben wir uns sehr gut auf dieses erste kommerzielle Projekt vorbereitet. Geretsried ist der Anfang, mittelfristig werden wir unsere Technologie deutschlandweit, in ganz Europa und global zum Einsatz bringen. Unsere Loop-Technologie wird zum wichtigen Baustein im Kampf gegen den Klimawandel.“
Michael Müller, Bürgermeister von Geretsried, sagt: „Das Vorhaben ist auch für uns in Geretsried eine große Chance. Wir haben deshalb eine kommunale Gesellschaft gegründet, mit der wir die Erdwärme und Energie weiter in unsere Ortschaft hineintragen wollen. Ziel ist ein Netz, an das sich möglichst viele Verbraucher anschließen können. Dadurch werden wir als relativ kleine Gemeinde Teil der großen Energiewende.“
Jan Dühring, Vorstand Stadtwerke Geretsried, sagt: „Unser primäres Interesse ist fokussiert auf eine Fernwärmenutzung, weil mit der Energie, die hier mit den Eavor-Loops gewonnen werden kann, ein nicht unerheblicher Teil des Wärmebedarfs im Stadtgebiet befriedigt werden könnte, und das ist im Hinblick auf Klimaschutz und Energiesicherheit eine tolle Chance.“
Innovative Technologie benötigt kein Tiefenwasser
Beim Bau des Eavor-Loop™ in Geretsried arbeitet Eavor mit zwei parallel betriebenen Bohrtürmen. Diese bohren zunächst vertikal bis in eine Tiefe von ca. 4.500 Metern. Dort werden die Bohrungen horizontal abgelenkt. Es entstehen mehrere parallele Abzweigungen, die jeweils ca. 3.300 Meter lang sind. Die Besonderheit besteht darin, dass Eavor in der Tiefe die Bohrungen miteinander verbindet, sodass unterirdische Wärmeschleifen entstehen. Eine Verbindungsstelle ist dabei nicht größer als ein DIN-A4-Blatt Papier.
Der Eavor-Loop™ ähnelt in der Funktionsweise einem unterirdischen Wärmetauscher. Es zirkuliert selbstständig ein Wärmemedium im Tiefengestein. Thermalwasser wird nicht benötigt. Damit hat der Eavor-Loop™ entscheidende Vorteile zur bisher verbreiteten hydrothermalen Geothermie. Ein Eavor-Loop™ kann praktisch überall entstehen. Weil kein Thermalwasser nötig ist, gibt es kein Fündigkeitsrisiko. Wo gebohrt wird, fließt hinterher auch Energie.
Anerkennung durch Politik und Europäischen Innovationsfonds
Durch seine Vorteile hat die Technologie des Eavor-Loop™ das Potenzial, zum Gamechanger der Energieversorgung in Deutschland und weltweit zu werden. Am 24. August 2023 werden Bundeskanzler Olaf Scholz, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, die Bundesministerin für Bildung und Forschung Bettina Stark-Watzinger sowie der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger sich vor Ort über die Technologie und die Bauarbeiten informieren.
Das Projekt des Eavor-Loop™ in Geretsried ist auch im Fokus der Förderaktivitäten der EU-Kommission. Der Bau erhält einen Zuschuss in Höhe von 91,6 Millionen Euro vom Europäischen Innovationsfonds EIF.