Doppelt so viel Erdwärme für Potsdam

24.07.2023 | Reservoirerschließung | Karin Jehle
Bohrplatz Potsdam

Nach Abschluss der Pumpentests ist klar, dass die geplante Tiefengeothermieanlage der Stadtwerke Potsdam deutlich mehr Wärmeertrag bringen wird als erwartet. Statt der prognostizierten 1,8 bis 2 Megawatt Leistung werden es wohl über 4 MW sein.

„Die zukünftige Leistung unserer Tiefengeothermie an der Heinrich-Mann-Allee geht weit über unsere Erwartungen hinaus. Sie wird mehr als doppelt so viel Leistung bringen, als wir zu Beginn unseres Projektes erwartet hatten“, zitiert die Pressemeldung Christiane Preuß, kaufmännische Geschäftsführerin der EWP, zur Präsentation der Testergebnisse für die erste Tiefengeothermieanlage Potsdams.

Die Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP) hatte von Dezember bis Juni an der Heinrich-Mann-Allee, mitten im Potsdamer Stadtgebiet, die erste Tiefengeothermiebohrung der Region abgeteuft. Mit diesem Pionierprojekt war der Potsdamer Energieversorger mit ca. 20 Mio. Euro ein hohes finanzielles Risiko eingegangen. Schließlich ist trotz aller Vorerkundungen nicht garantiert, ob in den unterirdischen Gesteinsschichten tatsächlich die erwarteten hießen Tiefenwässer in der erforderlichen Menge angetroffen werden. „Vor der Hacke ist’s duster!“, sagen die Bergleute dazu.

Pumptests geben Aufschluss über die Leistungsfähigkeit der Bohrungen

Die Bohrarbeiten der EWP waren Mitte Juni abgeschlossen. Anschließend fanden dann verschiedene Tests statt, bevor mit dem Rückbau der Bohranlage und dem eigens für diese Arbeiten errichteten Bohrplatz begonnen wurde.

Eckard Veil, technischer Geschäftsführer der EWP, erläutert: „Die Tests haben uns die Daten geliefert, auf deren Basis wir nun die Leistungsfähigkeit der zukünftigen Anlage ermitteln konnten.“ Untersucht wurde dafür unter anderem, welche Temperatur das Thermalwasser aus der Tiefe hat, wie seine chemische Zusammensetzung ist und wie hoch die Durchströmbarkeit des Zielhorizontes ist.

Eckard Veil fasst zusammen: „Die Ergebnisse sind äußerst zufriedenstellend. Unsere Anlage wird deutlich über 4 Megawatt Leistung bringen. Um das ins Verhältnis zu setzen: Im Dezember zum Bohrstart hatten wir gehofft, mit einer Leistung von 1,8 bis 2 Megawatt arbeiten zu können. Wir haben also mehr als doppelt so viel Leistung. Das bedeutet, wir können nicht nur die geplanten ca. 700 Wohneinheiten des neuen Quartiers mit Wärme versorgen, sondern auch noch in das Potsdamer Wärmenetz einspeisen. Legen wir den durchschnittlichen Potsdamer Haushalt zugrunde, liefert allein diese Tiefengeothermieanlage die Wärme für bis zu 6.900 Haushalte.“

Risiko hat sich gelohnt – für die Zukunft mehr Absicherung gewünscht

Mike Schubert, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Potsdam, erklärt in der Pressemitteilung: „Ich habe mit der EWP mitgefiebert. Dass sich unsere Hoffnung nun nicht nur bestätigt hat, sondern auch noch übererfüllt wird, ist eine wunderbare Nachricht für die EWP, insbesondere aber für die Potsdamerinnen und Potsdamer. Tiefengeothermie kann auf der Grundlage dieser Daten zu einem zentralen Baustein für unsere Wärmeversorgung der Zukunft werden. Damit kommen wir unserem Ziel, die CO2-Emissionen zu senken, einen großen und wichtigen Schritt näher.“

Die kaufmännische Geschäftsführerin, Christiane Preuß, wünscht sich für die Zukunft mehr Unterstützung, denn die EWP möchte weitere Geothermieprojekte umsetzen: „Damit uns das gelingt, brauchen wir dringend mehr Rückenwind aus allen politischen Ebenen. Bürokratische Hürden müssen abgebaut, Genehmigungsprozesse verschlankt werden und wir brauchen Instrumente, um das enorme wirtschaftliche Risiko, das mit jeder Tiefengeothermiebohrung verbunden ist, abzusichern. An der Heinrich-Mann-Allee hat sich unser Mut ausgezahlt und wir wurden mit einem Erfolg belohnt. Zur Wahrheit gehört jedoch, dass beim nächsten Projekt alles wieder ganz anders aussehen könnte“, so Preuß weiter.

Wissenschaftliche Begleitung durch das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ)

Schon seit Projektbeginn 2019 begleitet das GFZ die EWP bei diesem Pionierprojekt. So gab es gemeinsame Veranstaltungen und flankierende Forschungsprojekte. Im Jahr 2021 wurde ein Rahmenkooperationsvertrag „Wärmewende mit Geothermie“ unterzeichnet. Die Forschenden standen der EWP von der Grundlagenermittlung bis zur Ergebnisauswertung beratend und beobachtend zur Seite.

Die Wissenschaftliche Vorständin des GFZ, Prof. Dr. Susanne Buiter, ist mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden: „Wir freuen uns, dass wir ein solches wegweisendes Projekt in unserer unmittelbaren Nachbarschaft in Potsdam begleiten können. Wir haben umfassende Erkenntnisse zum Potsdamer Untergrund und zum Norddeutschen Becken gewonnen. Die wichtigste ist wohl, dass Tiefengeothermie in dieser Region eine verlässliche Quelle für Wärmeenergie sein kann. Mit jeder weiteren Bohrung wird unser Wissen größer und wir verbessern das Potsdamer Strukturmodell.“

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