Wie wichtig ist die „Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW)“ für die Entwicklung Ihrer eigenen Projekte bzw. der von Ihnen beratenen Unternehmen? Inwieweit greifen Sie auf bisher bestehende Förderprogramme, wie „Wärmenetze 4.0" oder das KFW-Programm 272 „Erneuerbare Energien Premium" zurück?
Die zeitnahe Umsetzung der „Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW)“ ist aus unserer Sicht ein zentraler Baustein einer erfolgreichen Wärmewende. Das gilt gerade auch für eine zukunftsorientierte Technologie wie die Geothermie. So gehen wir davon aus, dass die Förderung durch die BEW auch eine wesentliche Voraussetzung für die wirtschaftliche Umsetzung unseres Geothermieprojektes ist. Sie ist unmittelbar notwendig, um die Wirtschaftlichkeitslücke zwischen herkömmlicher und erneuerbarer Wärmeerzeugung zu schließen – übrigens auch für andere Erzeugungsarten. Mit der BEW und passenden Rahmenbedingungen können wir in Zukunft eine klimaneutrale Wärmeversorgung in Mannheim und der Region sicherstellen, die nach wie vor bezahlbar und wettbewerbsfähig ist. Das Förderprogramm „Wärmenetze 4.0“, das ja in der BEW aufgeht, hat sich bisher eher an kleinere Wärmenetze gerichtet, war also für die großen Fernwärmenetze der MVV-Gruppe nicht nutzbar. Dies gilt insbesondere für das Fernwärmeverbundnetz in Mannheim und der Region. Da unser Projekt noch in der Entwicklungsphase ist, haben wir bisher auch noch nicht auf das KfW-Programm 272 „Erneuerbare Energien Premium Tiefengeothermie“ zurückgegriffen.
Der BEE als Interessensvertretung der gesamten Erneuerbare-Energien-Branche beklagt in einem Positionspapier, dass fehlende Regelungen für die Übergangszeit, bis die BEW in Kraft tritt, Investoren und Betreiber verunsichere und sie bei der Entwicklung neuer Projekte daher erst mal abwarten würden. Ist dies nach Ihren Erfahrungen in der Geothermiebranche mit ihren vergleichsweise langen Entwicklungszeiten auch der Fall?
Dieses Thema bewegt im Moment jedes Unternehmen in der Branche, das auf erneuerbare Wärme setzt. Dabei spielt die Dauer von der Investitionsentscheidung bis zur Inbetriebnahme keine große Rolle. Energieerzeugung und -infrastruktur sind immer langfristige Investitionen hoher Summen, die sich im Lauf vieler Jahrzehnte amortisieren müssen. Daher ist Investitionssicherheit in diesem Bereich besonders wichtig.
Der BDEW fordert ein Fördervolumen im BEW von mindestens einer Milliarde Euro pro Jahr bis zum Jahr 2030 für alle regenerativen Energien im Wärmebereich. Welcher Teil davon wäre für die Entwicklung geothermischer Projekte notwendig, wenn bis dahin tatsächlich 10 TWh jährlich aus geothermaler Fernwärme stammen sollen, wie es die Studie „Klimaneutrales Deutschland 2050" anvisiert?
Dass die Geothermie eine zentrale Rolle im künftigen Energiemix spielen wird, insbesondere im Wärmebereich, steht für uns außer Frage. Da die tatsächlichen Kosten und der tatsächliche Wärmeabsatz einer Geothermieanlage sehr stark von den Rahmenbedingungen vor Ort abhängen, ist eine generelle Hochrechnung schwierig. Sollten jedoch bis 2030 tatsächlich 10 TWh jährlich aus geothermaler Wärme stammen, gehen wir davon aus, dass 20 bis 30 % des genannten Fördervolumens für diese Entwicklung notwendig sind.
Für die „Bundesförderung energieeffiziente Gebäude (BEG)“ schlägt der BDEW vor, den Anschluss von Einzelgebäuden an ein Fernwärmenetz nicht vom aktuellen Anteil erneuerbarer Energien abhängig zu machen, sondern von einem ausgearbeiteten Transformationsplan für das gesamte Netz. In Fernwärmegebieten sollten dezentrale Heizungssanierungen sogar von der Förderung ausgenommen werden. Halten Sie das für einen guten Ansatz, um mehr Haushalte zum Anschluss an die Fernwärme zu bewegen?
Tatsache ist, dass die Dekarbonisierung eines Fernwärmenetzes einfacher, schneller, günstiger und sozialer gestaltet werden kann als die Vergrünung jedes einzelnen Gebäudes. Daher muss ein politisches Interesse darin bestehen, dass möglichst viele Gebäude an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden. Die aktuelle Regelung der BEG wirkt da allerdings kontraproduktiv. Wir werden in den kommenden zehn Jahren einen massiven Wandel bei der Erzeugung von Fernwärme sehen, angetrieben auch durch den Kohleausstieg. Daher ist grüne Fernwärme keine Utopie, sondern eine absehbare Realität und klimapolitische Notwendigkeit. Es ist sinnvoll, diese Entwicklung voranzutreiben und zu nutzen – gerade auch durch die Struktur der Förderlandschaft.
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