Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, hat der Geretsrieder Stadtrat am Dienstag grünes Licht für den Kraftwerksbau - inklusive der 14 Meter hohen Luftkühler - gegeben. Der Bauausschuss stimmte einstimmig für den Kraftwerksbau und machte damit den Weg für die dekarbonisierte Wärme frei.
Zwei Versuche waren bereits gescheitert: 2013 wurde zwischen Geretsried und Wolfratshausen bei Gelting die mit 6.036 Metern bis dahin tiefste Geothermiebohrung Europas abgeteuft. Dann musste der Projektentwickler einen herben Rückschlag einstecken. In der Endteufe der Bohrung wurde nahezu kein Tiefengrundwasser gefunden. Auch der 2017 abgeteufte Sidetrack konnte das Projekt nicht zum Erfolg bringen. Die Fündigkeit war ebenfalls viel zu gering.
2020 schloss sich die Enex Power Germany GmbH dann mit dem kanadischen Start-Up Eavor Technologies Inc. zusammen, um das Projekt mit einem geschlossenen System zum Erfolg zu führen. Der zweiter Bürgermeister Gerhard Meinl (CSU) befürwortete das Wärmeprojekt in der Stadtratssitzung und sprach seine Anerkennung gegenüber dem Investor aus: „Respekt dafür, dass sie auch nach dem Scheitern der ersten Bohrversuche weitermachen und hier zig Millionen reinstecken“, zitiert ihn die SZ.
Beim zukünftigen Bohrversuch soll nun die neue Technik zum Einsatz kommen: ein geschlossenes System, auch als "closed loop" bezeichnet. Dabei wird das Wärmeträgermedium in einem geschlossenen (Rohr)-System geführt ohne direkten Kontakt zum umliegenden Gestein. Auch ein Austausch mit dem heißen Tiefenwasser findet nicht statt. Daher spielt es keine Rolle mehr, ob in der Tiefe genug heißes Wasser zur Verfügung steht. Statt dieses zu fördern wird kaltes Wasser in das geschlossene System eingeleitet, erwärmt sich dank des heißen Gesteins in der Tiefe und wird anschließend wieder nach oben gefördert. Sollte das geschlossene System in Gelting die gewünschten Erfolge erzielen, wäre das nicht nur ein großer Erfolg für die Energiewende in Geretsried sondern auch für die Tiefengeothermie in Deutschland. So könnten mit dem neuen System auch Regionen erschlossen werden, in denen es keine tiefen, wasserführenden Gesteinsschichten gibt.
Um den geschlossenen Kreislauf zu ermöglichen, werden nun neue Bohrungen abgeteuft. Das erste der Leitungssysteme in einer Tiefe von 4.500 Metern soll dieses Jahr entstehen, drei weitere bis 2024, bis 2025 soll das Kraftwerk unter Volllast laufen. So sollen insgesamt vier Loops entstehen.
Das geplante Geothermiekraftwerk soll zwischen den beiden Bohrstellen im Wald beim Hofgut Breitenbach gebaut werden – 3,5 Kilometer westlich von Geretsried und 2,5 Kilometer südlich von Gelting. Neben der kommunalen Baugenehmigung für das Kraftwerk braucht es auch die Zustimmung des Bergamts für die Bohrungen. Dieses Verfahren befindet sich gerade in der heißen Phase.
Läuft alles nach Plan geht Daniel Mölk von der Eavor Erdwärme Geretsried GmbH, wie der Zusammenschluss von Eavor und Enex heißt, von einer thermischen Leistung von 17 Megawatt und einer elektrischen Leistung von 2 Megawatt aus. Da die Stadt Geretsried noch über kein Fernwärmenetz verfügt, wird die gewonnene Energie zunächst verstromt.
Der Versuch über das neue System den CO2-Fußabruck zu senken, wird von den Nachbargemeinden sehr geschätzt und unterstützt. Und so hofft die Stadt Geretsried, die ihrem Klima-Ziel noch etwas hinterherhinkt, dass ihr schon bald heimische dekarbonisierte Wärme zur Verfügung stehen wird.