Für die dringend notwendige Wärmewende muss die Geothermie eine tragende Rolle einnehmen. Sie stellt CO2-arme Tiefenwärme zuverlässig zur Verfügung und kann so ganze Ortsteile und Kommunen mit regenerativer, regional produzierter Energie versorgen. Hinzu kommt die geothermale Stromerzeugung – sie ist (wie die Wärme auch) grundlastfähig und somit ideal, um die fluktuierenden Energieträger Sonne und Wind zu ergänzen.
Dass dies beileibe keine Zukunftsmusik ist, demonstrieren 23 Geothermieanlagen in Bayern. Insgesamt produzieren sie rund eine Terrawattstunde regenerativer Wärme. Etliche weitere Anlagen sind im Bau oder in der Planung. Um die Leistungsfähigkeit von Bayerns Geothermieanlagen in die Öffentlichkeit zu tragen und das Engagement der Betreiber zu würdigen, hat Enerchange den Geothermischen Energiepreis Bayern ins Leben gerufen, der auf dem Praxisforum Geothermie.Bayern 2019 zum zweiten Mal verliehen wurde.
Betreiberumfrage zeigt beeindruckendes Potenzial
„Bei der Betreiberumfrage wurden die 21 in Betrieb befindlichen Geothermieanlagen in Bayern angeschrieben und unter anderem um ihre Betriebsdaten hinsichtlich der Volllaststunden und der erzeugten Energie gebeten“, erklärte Dr. Jochen Schneider, Geschäftsführer des Veranstalters Enerchange. Das Geothermiekraftwerk Holzkirchen ging erst im Dezember 2018 in Betrieb und kam damit nicht in die diesjährige Auswertung. Die Anlage in Straubing dient ausschließlich zur Versorgung des dortigen Thermalbades und wurde daher nicht angeschrieben.
Weitere Parameter, die in die Auswertung eingingen, waren Fördertemperatur, Jahresverfügbarkeit, die produzierte Wärme- und Strommenge, die Wärmevermarktung sowie die Effizienz im Anlagenbetrieb. Das Ergebnis war vor allem angesichts der produzierten Wärmemenge beeindruckend. Rund 900 Gigawattstunden (GWh) Wärme wurden im Jahr 2018 produziert und dadurch 26.300 Tonnen CO2 eingespart.
Mit Wärmegestehungskosten zwischen 30 und 40 Euro pro Megawattstunde ist die Tiefengeothermie dabei unschlagbar günstig. Mit durchschnittlich 7.769 Jahresbetriebsstunden waren die bayerischen Anlagen zudem fast durchgehend verfügbar. Die Projekte, die aktuell noch im Entstehen sind, zeigen, dass das Potenzial in Bayern noch lange nicht ausgeschöpft ist. Gerade im süd-östlichen Molassebecken, nahe des Chiemsees, entwickelt sich ein neuer Hotspot.
Wie hoch der Stellenwert der Geothermie in Bayern mittlerweile ist, zeigte sich auch daran, dass Staatsminister Hubert Aiwanger persönlich bei der Preisverleihung anwesend war und die Preise überreichte. In seiner Ansprache kündigte er zudem einen Masterplan Geothermie für Bayern und staatliche Unterstützung für einen Ausbau der Wärmenetze an.
Riem ist Goldenes Heizwerk 2018
Doch hat die Tiefengeothermie in Bayern bereits eine lange Tradition. 2004 schon nahmen die Stadtwerke München die Wärmeversorgung des Messegeländes in Riem in Angriff – eines der ersten geothermalen Wärmeprojekte in Deutschland. „Die SWM hat damals den schlafenden Riesen Geothermie geweckt“, sagte der Geschäftsführer der Pfalzwerke Geofuture und Betreiber des Geothermiekraftwerks in Insheim, Jörg Uhde, in seiner Laudatio.
Riem war 2018 die führende geothermische Heizanlage in Bayern, knapp gefolgt von sehr erfolgreichen kommunalen Anlagen im Umland von München. Für die SWM nahm Betriebsleiter Rainer Kieslinger den Preis entgegen.
Goldenes Kraftwerk 2018 ist die Anlage in Oberhaching Laufzorn
Von den fünf Geothermiekraftwerken in Bayern war die Erdwärme Grünwald 2018 am erfolgreichsten. Sie betreibt das Heizkraftwerk in Oberhaching Laufzorn. 2009 begannen die Bohrungen und wurden bereits 2010 abgeschlossen. „Die kommunalen Entscheidungsträger hatten Weitblick, aber auch das Engagement der Betriebsmannschaft ist entscheidend für den Erfolg“, so Jörg Uhde in seiner Laudatio.
Die Anlage hatte 2018 mit über 8.200 Volllaststunden die höchste Verfügbarkeit und in dieser Zeit 16 GWh Strom und gleichzeitig 88 GWh Wärme produziert. Die Auszeichnung für das Goldene Kraftwerk 2018 nahmen für die Erdwärme Grünwald Betriebsleiter Horst Wagner und Geschäftsführer Andreas Lederle aus der Hand des Ministers entgegen und dankten ihm ihrerseits für sein Engagement: „Herr Aiwanger, danke, dass Sie gekommen sind. Es ist das erste Mal, dass wir so hohen Besuch hier haben, und das zeigt, dass Sie die Geothermie wertschätzen.“
Christian-Hecht-Preis für jungen Wissenschaftler
Und auch die Wissenschaft wurde auf dem Praxisforum Geothermie.Bayern ausgezeichnet. Wie schon im Vorjahr ging der Christian-Hecht-Preis an die beste nachwuchswissenschaftliche Arbeit zum Thema Tiefengeothermie im Bayerischen Molassebecken. Florian Heine von der TU München konnte die Jury mit seiner Arbeit „Hydro- und isotopenchemische Charakterisierung des Oberjura-Thermalwasserreservoirs im Bayerischen Molassebecken“ überzeugen.
Dr. Christian Pletl von den SWM würdigte das Engagement des verstorbenen Mitarbeiters der SWM und leidenschaftlichen Wissenschaftlers Dr. Christian Hecht und richtete seinerseits einen Wunsch an die Politik: Auch Wissenschaft und Forschung benötige eine stärkere finanzielle Unterstützung.
Was Praxis und Wissenschaft auf dem Feld der Tiefengeothermie können, zeigten viele spannende Vorträge und leidenschaftliche Diskussionen in den unterschiedlichen Foren des Kongresstages auf dem Praxisforum Geothermie.Bayern. Jetzt gilt es, aus der Nische heraus und in die Fläche hinein zu kommen.