Geothermie dämpft die Preissteigerung für Fernwärme

04.05.2022 | Anlagenbetrieb | Karin Jehle
Wolfgang Geisinger Geothermie Unterhaching

In unserer Reihe von Interviews zu Fernwärmepreisen im Münchner Raum bestätigt Wolfgang Geisinger, Geschäftsführer der Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG südlich von München, dass ein hoher Anteil von Geothermie in der Fernwärmeproduktion den Preisanstieg mildert. Explodierende Gaspreise wirken sich dann weniger stark aus. Wir publizieren die Interviews in der Reihenfolge ihres Eintreffens.

Enerchange: Herr Geisinger, der BR schreibt, im Münchner Umland koste die Fernwärme teilweise nur halb so viel wie in München. Für einen Drei-Personen-Haushalt nennt der BR einen Fernwärmepreis von aktuell gut 2.200 Euro pro Jahr bei den SWM. Was kostet Fernwärme für einen Drei-Personen-Haushalt bei Ihnen jährlich?

Wolfgang Geisinger, Geothermie Unterhaching: Für einen Drei-Personen-Haushalt mit einem Verbrauch von 10.000 kWh, kostet die Fernwärme bei uns aktuell 1.713 EUR brutto im Jahr.

Wie hoch ist der Anteil der Geothermie an der Fernwärme in Ihrem Unternehmen?

Der Anteil der Geothermie beträgt bei der Geothermie Unterhaching 85 Prozent.

Welchen Einfluss hat das auf die Preise?

Aufgrund des hohen Anteils an Geothermie wird sich die derzeitige Preisexplosion am Gasmarkt nicht so stark auf unsere Fernwärmepreise auswirken. Der Einsatz von Erdgas spielt bei der Geothermie Unterhaching lediglich eine untergeordnete Rolle, da das Erdgas nur in einem Nebenprozess benötigt wird. Es handelt sich dabei um die Eigenerzeugung von Strom für unsere Thermalwasserpumpen in einem erdgasbetriebenen Blockheizkraftwerk. Insofern hat der Einsatzfaktor Erdgas in unserer Preisgleitklausel auch nur einen Anteil von 8 Prozent beim Arbeitspreis, also dem Preis für den jährlichen Verbrauch. Die Preissteigerungen auf dem Energiemarkt spiegeln sich auch im Wärmemarktindex wider, der aus rechtlichen Gründen ebenfalls in der Preisgleitklausel enthalten ist. Im Vergleich zu den fossilen Energieträgern für Gas- oder Ölheizungen, die zu 100 Prozent von den aktuellen Preissteigerungen betroffen sind, wird die zu erwartende Preissteigerung für unsere Fernwärmekunden zum 1. Oktober jedoch noch moderat ausfallen. Aktuell rechnen wir mit einer Preissteigerung um die 15 Prozent.

Welche anderen Energieträger nutzen Sie für die Wärmeproduktion?

Neben den 85 Prozent Geothermie besteht unser Energiemix aus 13 Prozent Erdgas (Eigenstromerzeugung) und 2 Prozent fossilem Heizöl (Redundanzbetrieb in Revisionszeiten).

Spüren Sie auch Auswirkungen der derzeitigen Energie- und Rohstoffkrise? Wirkt sich das auf den Ausbau des Fernwärmenetzes aus?

Neben steigenden Lieferengpässen beim Material, gibt es auch vermehrt Kapazitätsengpässe bei den ausführenden Baufirmen und Heizungsbauern. Mit den für 2022 geplanten 70 Neuanschlüssen und einer Erweiterung des Fernwärmenetzes um ca. 2 Kilometer sind wir für dieses Jahr bereits ausgelastet und ein weiterer Ausbau des Netzes wird erst im kommenden Jahr wieder möglich sein.    
 
Haben Sie vermehrte Kundenanfragen, seit die Energiepreise so stark steigen und die Menschen sich der Abhängigkeit von russischen Gasimporten bewusst werden?

Ja, in den vergangenen zwei Monaten ist die Nachfrage deutlich gestiegen. Im März hatten wir teilweise bis zu 20 Anfragen für Neuanschlüsse pro Tag. Ausgelöst durch die Unsicherheiten am fossilen Energiemarkt, merken wir im Gespräch mit den Interessenten auch eine steigende Dringlichkeit beim Wunsch nach dem Anschluss an das kommunale Wärmenetz.    

Wie viel Potenzial die Geothermie auszubauen haben Sie noch und wie kann der Ausbau beschleunigt werden?

Die rasant steigende Nachfrage und den damit verbundenen Wunsch der Bürger nach Versorgungssicherheit, sehen wir als klaren Auftrag, den Ausbau des Fernwärmenetzes deutlich zu beschleunigen. Auch schon vor Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der Preisexplosion am fossilen Energiemarkt hat uns der Beschluss des Gemeinderats Unterhaching zur Klimaneutralität bis 2030 zusätzlich motiviert. Wir sind derzeit dabei, dem Gemeinderat Unterhaching unsere Pläne zum schnellen Ausbau des Fernwärmenetzes vorzustellen. Im Anschluss werden wir dann zeitnah mit allen Bürgern Unterhachings in Kontakt treten, um gemeinsam die Zukunft der Wärmeversorgung in Unterhaching weiter unabhängig und selbstbestimmt zu gestalten. Die gute Botschaft ist, dass unter unseren Füßen noch so viel geothermische Energie schlummert, dass auch ein Vollausbau des Netzes vollständig aus Geothermie erfolgen kann.

Quelle:

enerchange

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