Landsvirkjun untersucht verschiedene Lösungen zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) auf das europäische Festland. Die untersuchten Routenlängen bewgen sich im Bereich von 1.170 Kilometern zwischen Island und Schottland und 1.900 Kilometern zwischen Island und Deutschland. Obwohl die seit April letzen Jahres angegangenen Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, ist klar, dass das Projekt machbar ist.
Wilfried Breuer, Leiter des HGÜ-Geschäfts bei Siemens: "Ob es ein Kabel von Island zum Festland geben wird, ist eine reine Frage der Wirtschaftlichkeit." Das Kabel wäre doppelt so lang wie bereits verlegt Kabel zwischen Norwegen und den Niederlanden und im Mittelmeer wurden bereits Kabel in mehr als einem Kilometer Tiefe verlegt. "Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Verlegung des Kabels lohnt, steigt mit der Strompreisdifferenz zwischen Island und Europa", sagt Landsvirkjun-Chef Hordur Arnason. Das angedachte Kabel würde eine Kapazität von 18 Terrawattstunden pro Jahr nach Europa liefern.
„Kosten von rund 1,5 Mrd. Euro sind realistisch", so Siemens-Experte Breuer zu den Kosten zur Kabelverlegung. Dabei würde die Umrichterstationen rund 250 Mio. Euro kosten, das entsprechende Kabel etwa 1 Mio. Euro pro verlegtem Kilometer. Investoren scheinen schon in den Startlöchern zu stehen. "Die Investoren verfügen derzeit über ausreichend Liquidität. Investment- und Pensionsfonds suchen nach langfristigen Anlagen mit hoher Sicherheit", so Breuer. Die Kosten können aber erst bei Projektumsetzung konkret ermittelt werden, da das Kabel zum Großteil aus Kupfer besteht und damit vom Kupferpreis abhängt. "Um gegenüber anderen Anlagen am Finanzmarkt attraktiv genug zu sein, müsse die jährliche Kapitalverzinsung des Projekts bei wenigstens sechs Prozent liegen, so Breuer.
Damit steigt für Island die Möglichkeit ein weiteres begehrtes einheimisches Gut neben Fisch zu exportieren. Energie. Die Insel erzeugt 73 Prozent seines Stroms aus Wasserkraft und 27 Prozent aus Geothermie und das zu deutlich günstigeren Bedingungen als in anderen Länder. Daher ist Island für Aluminium-Produzenten interessant, obwohl Bauxit nicht auf Island vorkommt und teuer angeliefert werden muss. Aber die Energie ist billig und die Aluminiumschmelzen brauchen fast drei Viertel des in Island produzierten Stroms zur Produktion. In 2010 produzierte die Insel 17,2 Terrawattstunden Elektrizität.
Nach Schätzungen der Nationalen Energiebehörde Islands kann die Stromproduktion alleine aus Wasserkraft um das 18-fache auf 220 Terawattstunden pro Jahr ausgebaut werden, was der Stromproduktion Deutschlands aus Kernenergie und Steinkohle entspricht.
Ob Islands Staudämme und Geothermie-Anlagen die Insel vollständig aus der Wirtschaftskrise ziehen können, wird sich mit dem Ergebnissen der Studie von Landsvirkjun gegen Ende des Jahres zeigen
Aber durch die preisgünstige Energie hat Island in seiner Hauptstadt Reykjavík ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Wo sonst auf der Welt werden die Straßen im Winter mit einer Art Fußbodenheizung beheizt? (va)