Kirchweidach erhält tiefengeothermische Wärme – und über 100 neue Arbeitsplätze

20.03.2013 | Finanzierung, Hydrogeothermie, Marktentwicklung | Jochen Schneider

Anfang des Monats haben die Gemeinde Kirchweidach und die GEOenergie Kirchweidach einen Wärmeliefervertrag abgeschlossen. Benjamin Richter von Rödl & Partner, der den Abschluss des Wärmeliefervertrages wirtschaftlich begleitet hat, erläutert für das Informationsportal Tiefe Geothermie die wesentlichen Punkte des ungewöhnlichen Vertragswerks.

Herr Richter, wie kann sich eine kleine Gemeinde wie Kirchweidach mit tiefengeothermischer Wärme versorgen?

Sie muss Glück haben. Glück, dass ein Investor die geothermische Energie im Untergrund erschließen will. Genau das ist in Kirchweidach geschehen. Der dortige Projektentwickler hat zwei Tiefbohrungen niedergebracht und jetzt mit der Gemeinde einen innovativen Wärmeliefervertrag abgeschlossen. Dabei bilden die Gewächshäuser eines lokalen Gemüselandwirts das ökonomische Rückgrat für das Vorhaben der Gemeinde, ein eigenes Fernwärmenetz zu betreiben. Ohne die große Wärmenachfrage der Tomatenproduktion wäre das Fernwärmevorhaben der Gemeinde wirtschaftlich nicht umsetzbar. Zusätzlich zum Fernwärmenetz werden in der Tomatenproduktion mehr als 100 Arbeitsplätze geschaffen. Außerdem wird durch die nachhaltige Wärmeversorgung der Gewächshäuser und der geringeren Transportwege von bayerischen Tomaten zum Verbraucher, über 26.000 Tonnen CO2 eingespart.

Das heißt, die Gemeinde erhält von GEOenergie Kirchweidach die Wärme zu sehr guten Konditionen. Aber lässt sich das dann auch mit der geplanten Stromproduktion vereinbaren?

Genau das ist einer der innovativen Ansätze in der Wärmelieferung. In der ersten Phase, so lange das Kraftwerk noch im Bau ist, wird die Gemeinde eigenverantwortlich das Tiefengrundwasser fördern, und bekommt hier entsprechend günstige Konditionen. Die Gemeinde muss allerdings auch die gesamte Infrastruktur schaffen und die laufenden Kosten, insbesondere für Versicherung und Strom bezahlen. Später in der zweiten Phase, wenn das Kraftwerk im Betrieb ist, steigt der Preis und die so genannten Opportunitätskosten werden in Rechnung gestellt - das heißt, GEOenergie Kirchweidach erhält bei Wärmeauskopplung die entfallenden EEG-Einnahmen durch die Gemeinde erstattet.

Sind die Opportunitätskosten für die Gemeinde nicht ein unkalkulierbares Risiko? - Sind die Kosten irgendwie gedeckelt?

Die Opportunitätskosten errechnen sich aus der möglichen Stromproduktion in Abhängigkeit der Außentemperatur. Das heißt, die Kosten können erst nach Inbetriebnahme des Kraftwerkes festgelegt werden. Aktuell liegen Schätzungen auf Grund der Angebote für das Kraftwerk vor. Vergütet wird außentemperaturabhängig, das bedeutet, dass die Gemeinde im Winter mehr für die Wärme bezahlt, als im Sommer. Falls die nächsten Jahre durchschnittliche Temperaturverläufe haben, werden über 20 Jahre etwa 20 Millionen Euro für die gelieferte Wärme bezahlt werden müssen.

Ab wann beginnt die Wärmelieferung?

Die Wärmelieferung kann nach Abschluss der Zirkulationstests beginnen. Der Betreiber der Gewächshäuser wird aber erst im Oktober geothermische Wärme abnehmen. In den nächsten Monaten wird mit dem Bau der Gewächshäuser begonnen. Ab August sollen dann die ersten Hektar bepflanzt werden. Die Hauptphase beginnt parallel mit der Inbetriebnahme der Stromerzeugungsanlage der GEOenergie Kirchweidach, diese ist aktuell für Mitte 2015 vorgesehen.

Was ist bei Ausfällen in der geothermischen Energieproduktion?

Der Wärmeliefervertrag regelt auch die Redundanz, die vor allem für die Tomatenzucht und das Fernwärmenetz von Bedeutung ist. Die GEOenergie Kirchweidach hat keine Verpflichtung zur besicherten Wärmelieferung, es ist allen klar, das zum Beispiel während geplanten Pumpenwechseln keine Wärmelieferung erfolgen kann. Die Redundanz wird von dem Gewächshausbetreiber sowohl für seine eigenen Anlagen, als auch für das Wärmenetz der Gemeinde bereitgestellt. Er wird dann vom Kunden zum Lieferanten. Möglich ist dies über ein eigenes Heizwerk und einen großen Wärmespeicher, den der Gewächshausbetreiber vorhalten.

Herr Richter, wir danken Ihnen für das Gespräch.

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